Lyrisches

LIEBSTER BORRETSCH

In den Herbstfarben

meines Morgenstraußes

blüht

einsam

blau

ein Sternenpaar,

verblüht die Hoffnung des Sommers.

(1985)

VERSUCHUNG DURCH SPIEGELBILDER

Die Pfützen, Teiche und Seen,
aus denen sie scheinbar grundlos leuchten,
liegen abseits, im Grenzland,
und gehören doch zur Mitte.
Kranich und Storch fliegen noch darüber,
und wie jeher geht der Mensch
Steine sammelnd
auf tiefer oder harter Erde.
Aus den Furchen der Äcker und Gesichter
rinnt das Schwarz ergraut in Zeitungsspalten –
und die Wahrheit der Taten und Zustände
versandet mit der Zeit
an den Ufern des Mäanderflusses.
Die kleinsten Körnchen nur
treiben ohne Traumverlust ans Licht.


Februar 1989

(anstelle eines Vorworts in EINES SCHÖNEN TAGES; hrsgg. vom Rat des Kreises Gadebusch anlässlich des 40. Jahrestages der Gründung der DDR – Foto: PFÜTZE I; Bülow, 1999)


LICHTBLICKE

Lichtblicke
sind Blicke in die Zukunft,
sind daher im besten Falle
Spiegelbilder
der Sehnsüchte und Träume.
Beide sind mit der Vergangenheit
verbunden,
und nur durch diese Verbindung
von Gestern und Morgen
gewinnt das Heute an Schönheit,
worauf es ankommt …

1999


Foto: HERBSTLEUCHTEN II; 2019

TAUFSPRUCH
(für die Kinder und Kindeskinder)

Ich wünsche dir, dass die Liebe,
die du im Kindsein erfährst,
dich sicher und heiter in die Zukunft begleitet:

Für eine eigene, tiefe Liebe gegenüber allem Lebendigen.

Sie soll dein Herz weit machen und dein Gesicht erhellen,
damit die verwandten Seelen, die dir begegnen,
dich erkennen können …


(2000)…………Foto: H. AUF DEM RHEIN, 2000

GEBURTSTAGSWUNSCH
(für die Kinder und Kindeskinder etwas später)

Mit 16 hat man noch Träume, sagt man so, aber richtiger ist, dass sie mit dieser Zeit etwa erst anfangen, zu wachsen und Gestalt anzunehmen – also greifbar und formbar werden für das, was wir Zukunft nennen. Und außerdem unterstellt dieses noch im weinerlichen Grundtun der wehmütig zurüchblickend Älteren, dass sie sich später verlieren (das sind die, welche ihre Jugend ängstlich und gehemmt verstreichen haben lassen, ohne zu begreifen, dass erst mit dem Tod die Zeit vorbei ist…). Aber Träume hat der Mensch immer, bei Nacht sowieso, aber auch die des Tages, die seine Wünsche und Hoffnungen sind – es sei denn, er lebt nicht wirklich. Dieses „Wirklich leben“ schließt zu jeder Zeit ein, wach und interessiert für alles in der Welt und für uns selber zu sein, also Lust zu haben auf das „Abenteuer“ Leben ohne Furcht und mit Vertrauen darauf, dass nur Erfahrungen herausfinden lassen, was für uns wirklich wichtig ist und paßt, ganz privat und im Beruf… .

(2003)……………….Foto: GLASKUGEL; Wismar, 2002